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Acht Tangos über Schachspiel-Aphorismen für vierstimmigen Chor und Klavier
Der Text besteht aus Aphorismen der Schachwelt, die auch „anders“ gelesen werden können (als Chiffren für das Leben im Allgemeinen). Man braucht nicht Schach spielen zu können, um die Inhalte zu verstehen. Die Texte stammen entweder vom Komponisten selbst, der im Übrigen ein begeisterter Schachspieler ist, von anderen Autoren der Vergangenheit oder sind anonyme Sprüche aus unterschiedlichen Ländern. Neben Deutsch werden auch die Sprachen Spanisch, Englisch, Französisch und Italienisch verwendet.
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Caissa, die Muse des Schachs gibt dem Werk seinen Titel
Caissa, die dem Werk den Titel gibt, ist die anachronistische Göttin oder Muse des Schachs. Ihr Name stammt aus einem gleichnamigen Gedicht von William Jones, das 1763 veröffentlicht wurde. Darin ist Caissa eine Nymphe, in die sich der Gott Mars verliebt. Als seine Liebe nicht erwidert wird, erfindet er das Schachspiel, um ihr Herz zu gewinnen. In der Schachwelt und Schachliteratur kommt der Begriff Caissa häufig als Allegorie vor, zum Beispiel in Wendungen wie „Er ist ein Liebling Caissas.“ (= ein starker Spieler) oder, wie der Ex–Weltmeister Garry Kasparov oft schrieb, „Caissa war mit mir“ im Sinne von „Ich hatte Glück in einer unklaren Situation“.
Der Titel des Werks, „Caissas Gedächtnis“, meint die Erinnerungen, Gedanken, Gefühle oder Erlebnisse, die diese fiktive Figur, Caissa, im Laufe der Zeit gesammelt hat als kollektives Gedächtnis von den Tausenden oder gar Millionen Menschen, die in den letzten Jahrhunderten sowie in der Gegenwart Schach gespielt haben und spielen. Schach steht hier nicht nur für einen hochkarätigen Zeitvertrieb oder eine zivilisierte Sublimation der menschlichen Aggressivität. Es dient auch als Werkzeug zum Trainieren der Fähigkeit Entscheidungen zu treffen und stellt ein Universum von gerade noch übersichtlichen Möglichkeiten dar, innerhalb derer die einzelnen Spieler und Spielerinnen ihren eigenen Weg finden.
Dauer und Aufbau von „Caissas Gedächtnis“
„Caissas Gedächtnis“ dauert insgesamt 25 Minuten und besteht aus acht circa dreiminütigen Nummern. Acht Stücke – wie achtmal acht: Das sind die Felder eines Schachbretts. Jedes Lied ist zwar einzeln aufführbar, doch ihre eigentliche Kraft im Spannungsfeld von Einheit, Kontinuität und Kontrast entwickeln die Lieder erst als Zyklus.
Tangomusik aus der Hand eines gebürtigen Argentiniers
Die Tonsprache hat eine erkennbare Wurzel in der Tangomusik, denn der Komponist ist gebürtiger Argentinier, und hat außerdem einen starken Akzent in der Zugänglichkeit. Das Klavier tritt nicht untermalend, dienend oder begleitend, sondern ergänzend und solistisch auf. Das Instrumentale und das Vokale sind bei diesem Werk gleichberechtigt.
Die besondere Mischung: Chor und Klavier
Das Werk will eine Lücke im Repertoire verschiedener Musiktraditionen schließen. Innerhalb der europäisch geprägten Musikliteratur für Chor und Klavier existieren zwar Werke mit Bezügen zum Jazz oder mit volksmusikalischer Farbe – beispielsweise die Zigeunerlieder von Johannes Brahms – aber kaum Werke, die im Tango verwurzelt sind. In der Musikliteratur um den Tango Argentino wiederum gibt es zwar Werke für Chor, aber dabei wird der Chor eher als Ersatz für eine Instrumentalbesetzung oder für begleitete solistische Vokallinien eingesetzt. „Caissas Gedächtnis“ will stattdessen das ureigene Potential des Chores als autonomen Klangkörper entfalten und ausnutzen, die Ressourcen, die nur ein Chor haben kann: die Mehrstimmigkeit und die Massivität, die emotionale Präsenz, Eindringlichkeit und schließlich die Kraft eines Chores.
Caissas Gedächtnis Chor der Universität Bremen Ltg.: Susanne Gläß Klavier: Juan María Solare Breminale 2015
Live-Recording: Gerd Anders
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